jueves, 4 de julio de 2024

Vorstellung des Themas für den NLS-Kongress 2025

 





Vorstellung des Themas für den NLS-Kongress 2025 von Patricia Bosquin-Caroz


Schmerzvolle Liebe


Der Titel „Schmerzvolle Liebe“ (amours douloureuses) lässt auch die unglückliche Liebe (amours malheureuses) anklingen. Er verweist auf die dramatische, ja bisweilen tragische Dimension von Liebe und Liebesbeziehungen. „Schmerzvoll“ deutet an, dass es da ein Zuviel gibt in Bezug auf die erlittene Pein. Während manche Affekte – etwa die Traurigkeit – ein Missbehagen signalisieren, markieren andere, so die Angst, dass die Grenze des Erträglichen überschritten wurde. Freud verortete den Kern der Problematik seelischen Leids im Spannungsfeld zwischen Lustprinzip und Jenseits des Lustprinzips. Lacan wiederum brachte eine sonderbare Art von Befriedigung ans Licht, eine Mischung aus Lust und Schmerz, die er Jouissance nannte. Es gibt eine ganze Literatur – Roland Barthes verweist darauf in seinen Fragmenten einer Sprache der Liebe –, die sich dem Liebesschmerz verschrieben hat. Dabei nimmt das Liebesleid vielfältige Erscheinungsformen an: Vorfreude, Askese, Verzückung, Zuneigung, Abhängigkeit, Ausschluss, Verirrung, Eifersucht usw. Und auch im Titel einer jüngeren Installation von Sophie Calle über Liebeskummer, Exquisite Pain, schwingt eine paradoxe Befriedigung mit.


Ausgehend von verschiedenen Annäherungen an die Liebe in der Lehre Lacans – und nicht ohne die Beiträge Freuds – wollen auch wir den Triebfedern dieser schmerzvollen Liebe auf den Grund gehen.


Mangel, Verdruss, Traurigkeit

Im Seminar Die Übertragung erklärt Lacan die Funktion des Mangels zum Herzstück in der Frage der Liebe. Er leitet daraus folgende Definition ab: Liebe, das ist geben, was man nicht hat.1 Zugleich betont er: Das, was dem einen fehlt, ist nicht das, was dem anderen fehlt. Das Problem der Liebe besteht in der Asymmetrie zwischen dem Liebenden und dem Geliebten.

„Man braucht nur in die Sache verwickelt zu sein, zu lieben, um in dieser Kluft, in dieser Zwietracht erwischt zu werden.“2 Doch gerade weil das Begehren nicht mit seinem Objekt


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1 Vgl. Lacan J., Die Übertragung, Das Seminar, Buch VIII, Passagen Verlag, 2007.

2 Ebd., 57.

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zusammenfällt, tritt die Bedeutung der Liebe hervor, die sich aus einer ganz besonderen Operation – der Metapher der Liebe – ergibt. Wir können hier bereits die Prämissen einer späteren These Lacans erkennen: Die Liebe dient als Ersatz für das Nicht-Verhältnis der Geschlechter [non-rapport sexuel]. Die Metapher der Liebe fällt in den Bereich der Kontingenz. Kommt sie zustande, geschieht ein Wunder, wenn nicht, macht sich Enttäuschung oder Verzweiflung breit. Wenn Alkibiades in Platons Symposion dem Sokrates eine Szene macht, dann zeugt diese von seinem Verdruss darüber, dass ihm die Gabe des Liebeszeichens verweigert wurde. Sokrates liebt nicht, so Lacan, der Wert und Wirkung des Liebeszeichens bereits bedacht hatte, insofern dieses sich an das Sein richtet.


Lacan wendet sich gegen die Vorstellung einer Liebe, die einander ergänzende Wesen

„versammelt, zusammenballt, angleicht, verklumpt.“3 Die Illusion der verschmelzenden Liebe, die an die ideale Form der Kugel angelehnt ist, wird von Lacan vom Tisch gefegt. Außerdem stellt er fest, dass die affektive Anhänglichkeit gegenüber solch vollen Gestalten ihre Grundlagen in der imaginären Struktur und in der „Verwerfung* der Kastration“4 hat.


Lacan bezieht sich auch auf Freud, demzufolge die Grundlage der Liebe das Lust-Ich* und die Liebe ein Effekt des Narzissmus ist.5

So stellt er im Seminar Die Logik des Phantasmas folgende Formel auf: „Du bist nur das, was ich bin. […] Du bist nicht, also bin ich nicht.“6 Oder auch: „Wenn du nicht bist, sterbe ich.“7 Eine Wahrheit, so Lacan, die dem Eros seine Bedeutung verleiht und die, weil sie abgelehnt wird, im Realen wieder auftaucht, und zwar in Form eines „Monsters, dessen Auswirkungen uns aus dem täglichen Leben wohlbekannt sind.“ Er fährt fort: „Wie ich es bei jeder Verwerfung* betone […], tritt die Liebe im Realen durch die ungünstigsten und bedrückendsten Auswirkungen in Erscheinung. Nirgends ist davon auszugehen, dass die Wege der Liebe sich so einfach ebnen ließen.“8 Wie Lacan feststellt, denkt die Liebe nicht. Mit anderen Worten: Die Liebe verkennt das narzisstische Phantasma, auf das sie sich stützt. Und so kann sie auch die Färbung einer Depression oder einer Traurigkeit annehmen, insofern dieser Affekt die Verweigerung [refus] oder Ablehnung [rejet] des unbewussten Wissens anzeigt.


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3 Ebd.,117.

4 Ebd., 122.

5 Lacan J., Le Séminaire, livre XIV, La logique du fantasme, Paris, Seuil, 2023, 157.

6 Ebd., 144. [Übers. M. A.]

7 Ebd., 157. [Übers. M. A.]

8 Ebd., 144. [Übers. M. A.]

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In Television setzt Lacan die Traurigkeit explizit mit einem moralischen Fehler gleich, der „sich letzten Endes allein vom Denken her bestimmen lässt, nämlich von der Pflicht zum Gut-Sagen [bien dire] bzw. zum sich hier Zurechtfinden im Unbewussten, in der Struktur.“9 Er löst den Affekt aus dem emotionalen Register heraus und verknüpft ihn mit der Ethik des Gut-Sagens,

„die darin besteht, das, was sich nicht sagen lässt, im Wissen einzukreisen, zu umklammern.“10 Demgegenüber ist die Traurigkeit, wie Jacques-Alain Miller sagt, ein verpasstes Wissen.


Im selben Jahr äußert Lacan in seiner Note italienne den Wunsch, die Psychoanalyse möge jene

„Ressourcen mehren, dank derer es gelänge, auf dieses ärgerliche Verhältnis [rapport] zu verzichten, um die Liebe würdiger zu machen als das ausufernde Geschwätz, das sie heutzutage darstellt.“11


Liebe und Diskurs

Man musste jedoch auf das Mittelalter warten, ehe die gegenseitig unglückliche Liebe eine Aufwertung in Form der höfischen Liebe erfuhr. Lacan führt die Entstehung dieser Liebesform auf das zufällige Zusammentreffen der katharischen Häresie mit der neuen Troubadourdichtung zurück. Ihm zufolge ist die leidenschaftliche Liebe zuallererst ein Faktum des Diskurses, das nicht einfach in irgendeiner Epoche auftritt. Er beschreibt es als „unmöglichen, schlechten Traum des sogenannten Feudalismus“, in dem es „aufseiten der Frau etwas gab, was ganz und gar nicht mehr funktionieren konnte.“12 In seinem Seminar Encore bezeichnet Lacan die Erfindung des Diskurses als einziges Mittel, mit dem der Mann, dessen Dame ihm völlig unterworfen war, „sich angesichts der Abwesenheit des Geschlechtsverhältnisses elegant aus der Affäre ziehen“13 konnte. Der Mann kommt davon, indem er die Dame idealisiert und ihre Unerreichbarkeit hervorhebt, während der Liebesdiskurs sich aus Mangel, Kummer, Verlust und Tod nährt.

Im Seminar Die Ethik der Psychoanalyse weist Lacan auf die „künstliche, listige Organisation des Signifikanten“ hin – jenes Diskurses also, der „zu einem gegebenen Zeitpunkt den Rahmen einer Askese“14 festlegt. Die Aussetzung der fleischlichen Lust, das „umwegige Verhalten“15 und die Unerreichbarkeit des Objekts sind somit als Disziplin der Lust oder Unlust zu verstehen.


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9 Lacan J., Television, in: Ders., Radiophonie/Television, Ǫuadriga, 1988, 77.

10 Miller J.-A, Les affects dans l’expérience analytique, in: La Cause du désir, Nr. 93, 2016, 110.

11 Lacan J., Note italienne, in: Ders., Autres Écrits, Seuil, 2001, 311. [Übers. M. A.]

12 Lacan J., Encore, Das Seminar, Buch XX, Turia + Kant, 2015, 93. [Übers. hier M. A.]

13 Ebd., 76. [Übers. hier M. A.]

14 Lacan J., Die Ethik der Psychoanalyse, Das Seminar, Buch VII, Turia + Kant, 2016, 186. [Übers. hier M. A.]

15 Ebd.

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Das beweisen auch die willkürlichen Anforderungen der Prüfung, die die Dame ihrem Diener auferlegt – und dies nicht ohne eine gewisse Grausamkeit. Im Übrigen merkt Lacan an, dass die asketischsten Liebespraktiken aus der Ars amatoria, der Liebeskunst Ovids entlehnt wurden, der die Liebe mit einer Art militärischem Dienst vergleicht.

Ebenso betont Lacan, wie deutlich der Signifikant und der Übergang zur Schrift dieser Liebeskunst in der Kultur zutage treten. Die romantische Liebe wird eine Art Wiederaufleben davon sein.


Wie wir sehen, ist die Liebe nicht unabhängig vom Ideal einer Tradition, die das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ordnet. Jedoch wurde diese alte Ordnung – das „Zeitalter des Vaters“ mit seiner vertikalen Struktur – von einer horizontalen Logik abgelöst, nämlich der des Netzwerks, das dem Nicht-All(e) [pas-tout] verwandt ist, wie Jacques-Alain Miller sagt.16 Ist nun davon auszugehen, dass sich mit der gegenwärtigen Neukonfiguration der Ehebeziehung durch verschiedenste Konstellationen, die – wie „Polyamorie“ oder „Throuple“ – an die Stelle des klassischen Paares treten, auch das Wesen der Liebesqualen verändert? Zumindest werden die verschiedenen Liebesleiden heute anders gedeutet als früher. Statt eines Liebesdiskurses, der vom Mangel, dem verlorenen Objekt oder dem unerreichbaren Ideal ausgeht, herrscht heute ein anderer Diskurs vor: einer, der das Scheitern der Liebe auf die imaginäre Achse von Dominanz und Unterwerfung reduziert. Jacques-Alain Miller hat beim letzten WAP-Kongress darauf hingewiesen, wie sehr Liebesverhältnisse [rapports amoureux] davon geprägt sind.


Gerade als das Feld offener wurde und Erfindungen zu begünstigen schien, tauchten darin Signifikanten auf, die zum Lexikon eines von Lacan bereits prophezeiten Geschlechterkampfes gehören: Kontrolle, Manipulation, Dominanz, Zwang, Missbrauch, Ghosting… Parallel dazu wird eine angeblich einvernehmliche Form der Liebe propagiert, die auf gegenseitiger Anerkennung beruht und im Wesentlichen der homöostatischen Funktionsweise des Lustprinzips folgt. Die feministischen Bewegungen haben das Private politisiert. Im Namen der Gleichberechtigung aller Rechtssubjekte haben sie dazu beigetragen, dass der juristische Diskurs zwischen den Geschlechtern Einzug hält – und oft geschah dies auch zum Besten. Heute jedoch, da Neofeminismus und Opferideologie miteinander verschmelzen, erleben wir eine Politisierung des Intimen. Diese passt sich nicht nur den neuen Regeln des Diskurses an, sie kämpft auch verbissen gegen ein Patriarchat, das bereits im Schwinden ist. Der Krieg der

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16 Vgl. Miller J.-A., Le Séminaire, livre VI, Le désir et son interpretation, La Martinière/Le Champ freudien, 2013, Klappentext.

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Geschlechter spitzt sich zu – und das meist aufs Schlimmste hin. Wenn nun also das Liebesleid auf die Dominanz eines Geschlechts über das andere – nämlich hier des Mannes über die Frau – zurückgeführt wird, lässt sich darin nicht eine neue Form der Ablehnung der Liebe und ihrer Risiken erkennen? Der weltweite Erfolg des unlängst veröffentlichten Barbie-Films scheint jedenfalls ein klarer Beleg dafür zu sein.

In einem solchen Kontext, der an den Diskurs der Wissenschaft angelehnt ist, bietet offenbar nur der analytische Diskurs noch Raum für das Reale des Eros.


Eine Frage der Struktur

Die Liebe hat nicht nur mit Diskurseffekten zu tun, die je nach Epoche variieren, sie ist auch eine Frage der Struktur.

Dank der Hysterikerinnen interessierte sich Freud von Anfang an für das Phänomen der Liebe, dessen Funktionsweise er mehrfach untersuchte. In seinem Text „Massenpsychologie und Ich- Analyse“17 widmete er ein ganzes Kapitel der Verliebtheit und der Hypnose. Am Beispiel der schwärmerischen Liebe des Jünglings veranschaulicht Freud darin die Verarmung des Ichs angesichts des wertvollen Objekts, das an die Stelle des Ichideals gesetzt und glorifiziert wird. In der Verliebtheit gelange dieses Objekt schließlich in den Besitz der gesamten Selbstliebe des Ichs und beraube es jeglichen kritischen Geistes. Freud bezeichnet dieses Phänomen als

„Selbstaufopferung“ und vergleicht es mit dem Zustand der Hypnose. Er findet deutliche Worte: Hingabe des Ichs an das Objekt, Aufzehrung des Ichs durch das Objekt, Hörigkeit, Faszination. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Subjekt nach einem Verlust, einer Trennung oder einer Untreue das Gefühl hat, einen Teil seiner selbst verloren zu haben – eine Art Verstümmelung, die keineswegs schmerzlos abläuft.


In seiner späten Lehre stellt Lacan das eigentliche Liebesdrama in einen Zusammenhang mit der amourösen Begegnung an sich. Dabei treffen nicht mehr zwei Subjekte im Sinne eines Mangels-an-Sein [manque-à-être] aufeinander, sondern zwei sprechende Körper, die „affiziert [sind] als Subjekt[e] des unbewussten Wissens.“18 Im Seminar Encore sagt Lacan: „Es gibt da nämlich nichts anderes als Begegnung, man begegnet im Partner den Symptomen und Affekten, eben all dem, was bei einem jeden von uns – nicht als Subjekt, sondern als Sprechendem – die Spur des eigenen Exils, des Ausgeschlossenseins vom Geschlechtsverhältnis markiert.“19 In


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17 Freud S.: Massenpsychologie und Ich-Analyse, in: Gesammelte Werke, Bd. XIII.

18 Lacan J., Encore, Das Seminar, Buch XX, a.a.O., 157.

19 Ebd., 158. [Übers. hier M. A.]

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L’Os d’une cure20 schreibt Jacques-Alain Miller, dass sexuierte Wesen vor dem Hintergrund des Nicht-Verhältnisses der Geschlechter – und folglich des Symptom-Partners – gerade auf Ebene des Genießens ein Paar bilden. Was das symptomatische Verhältnis betrifft, so steht dieses im Zusammenhang mit den Bedeutungsstrukturen des Körpers, die einen Partner als Mittel zum Genießen bestimmen. Wir müssen daher die Struktur „für alle x gilt“ von der Struktur „nicht all(e)“ [pas-tout] unterscheiden, wobei letztere die Sexuierung in einen männlichen und einen weiblichen Modus aufteilt und ausschlaggebend für die Art des Symptom-Partners eines jeden ist. Das bedeutet, dass sowohl die eine als auch die andere Seite die Liebe nicht auf gleiche Art und Weise genießt oder darunter leidet. Während wir dem männlichen Sprechwesen [parlêtre] ein fetischistisches Genießen am Objekt a zuschreiben, zeichnet sich das weibliche Sprechwesen durch sein unbegrenztes Genießen im Verhältnis zu Ⱥ aus. Schmerzvolle Liebesbeziehungen können somit anhand einer Logik betrachtet werden, die für jede Position in der Sexuierung oder jedes Geschlecht spezifisch ist. Beim einen ist es der abgegrenzte Schmerz des Symptoms, gleich einem Splitter im Fleisch. Bei der anderen ist es der grenzenlose Schmerz der Verwüstung [ravage] und die totale Verheerung. Bei wieder einem sind es die Widrigkeiten einer Spaltung des Liebeslebens und seiner Erniedrigung. Bei noch jemandem ist es das Risiko einer mortifizierenden Vermählung mit dem idealen Inkubus jenseits des realen Partners. Schmerzvolle Liebesbeziehungen haben aber auch damit zu tun, wie jeder sprechende Körper gegenüber der Sprache des anderen hermetisch abgeriegelt bleiben kann.


Und darum ist der Affekt auch nicht die „Stimme des Körpers“ oder seine natürliche Ausdrucksform, sondern Signal eines Effekts des Genießens, der mit dem Abdruck, der Markierung [marque] des Signifikanten korreliert. Die Erfahrung einer Analyse führt dazu, die Implikation des Signifikanten in den Affekt herauszustellen und – wie es Lacan ausdrückte, bzw. wie Miller21 betont – „den Affekt […] zu verifizieren.“22 Kommt es in der klassischen Herangehensweise darauf an, dem Affekt eine verdrängte Wahrheit zu entlocken, so geht es nach der Auffassung, dass Lalangue Affektspuren auf dem Körper hinterlässt [affection traçante du corps par lalangue], darum, jene traumatische Markierung zu isolieren, die sich im Missverständnis zwischen den Geschlechtern niederschlägt.




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20 Miller J.-A., L’Os d’une cure, Paris, Navarin éditeur, 2018.

21 Miller J.-A, Les affects dans l’expérience analytique, a.a.O., 101.

22 Lacan J., Television, a.a.O., 75.

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Wenn wir es in unserer Praxis mit schmerzvollen Liebesbeziehungen zu tun haben, laden wir dazu ein, sich im Netz der Signifikanten zu verfangen, um das Genießen in Resonanz mit der Sprache treten zu lassen.





Übersetzung aus dem Französischen von Mathias Althaler Korrekturgelesen von Natalie Wülfing, Claudia Gundacker und Sarah Birgani




lunes, 29 de abril de 2024

A propósito del movimiento estudiantil en favor de la educación pública en Argentina

Berlin, April 2024, published by Claudio Steinmeyer





gratis publicae educationis universitates






En mi experiencia acá en Alemania diría que cualquier egresado de la UBA suele tener una mirada más amplia, mucha más cultura general, desarrollo de la inteligencia creativa y capacidad de improvisar soluciones en situaciones de crisis que la media universitaria alemana. Sólo agrego que Alemania junto con Argentina es uno de los pocos países con enseñanza universitaria gratuita. La diferencia es que en Alemania se entra a la Uni por promedio y cuyo implacable peine fino empieza a aplicarse en los primeros años de la primaria con
los conocidos criterios de protocolo y apellido.





viernes, 8 de marzo de 2024

Mein Beitrag am 14.02.24 für das Einführungsseminar zum 2024 NLS-New Lacanian School Congress „Klinik des Blicks"

 Berlin, March 2024, posted by Claudio Steinmeyer





Von der Macht des Blicks zum Blick der Macht

Überwachen, strafen, erziehen, diagnostizieren, unterhalten

 (Bentham, Foucault, Lacan, Miller)

(Mein Beitrag am 14.02.24 für das Einführungsseminar zum 2024 NLS-New Lacanian School Congress „Klinik des Blicks“)



Guten Abend,

Es ist erneut eine Freude, dass wir bei LOB in der Lage waren, dieses jährliche Seminar zu gestalten, das wir seit 2016 durchführen, einen Ort des Austauschs über zentrale Themen der Psychoanalyse. Auch eine besondere Anerkennung für die Kolleginnen, die sich um die Umsetzung kümmern, wie die Raummiete, Promotion, Übersetzungen, Zoom und die Technik. Und vielen Dank an das Publikum, das an diesem Valentinstag hier ist. Ich hoffe, Ihnen einen Text bieten zu können, der Liebe auf den ersten Blick weckt."

Es geht darum, die Geschichte des Blicks als Instrument der Macht und Kontrolle zu betrachten.

Lassen wir damit beginnen, das Panoptikum von Jeremy Bentham zu beschreiben.

Wer war J. Bentham? Er war ein englischer Denker, der zwischen 1748 und 1832 lebte. Er wird als der Vater des Utilitarismus bezeichnet. Aus einigen Texten könnte man ihn sogar als sehr progressiv darstellen: Er spricht über Frauenrechte, befasst sich mit Scheidung und schlug sogar die Entkriminalisierung der Homosexualität vor. Er setzte sich gegen Sklaverei und die Bestrafung von Gefangenen und Kindern ein. In dieser Hinsicht scheint er fast ein Sozialist zu sein, was bei Denkern vor Marx recht üblich ist. Aber wenn wir seine grundlegenden Vorschläge bedenken, können wir seine Hauptwerke in den heutigen Begriffen als die beste Ausdrucksform des Neoliberalismus einordnen, in dem alles einen Zweck erfüllen muss und alles einen Wert hat.

In dieser Perspektive half er seinem Bruder, das bestmögliche Gefängnis zu entwerfen, um die Anzahl des benötigten Personals zu reduzieren und gleichzeitig die Kontrolle und Überwachung zu maximieren: So entstand die Idee des Panoptikum-Gebäudes. (1) Mehrere Gefängnisse weltweit ließen sich von diesem Modell inspirieren, einschließlich des hier nahegelegenen in Moabit.

Schauen wir uns nun an, wie Jacques-Alain Miller das Panoptikum in einem seiner frühen Artikel beschreibt, der in der Zeitschrift Ornicar veröffentlicht wurde (2).


Es handelt sich um ein kreisförmiges Gebäude, um Ecken zu vermeiden, in denen sich jemand verstecken könnte. Auf diesem Umfang werden die Stockwerke errichtet, natürlich alle kreisförmig. Das Zentrum des Umfangs bleibt frei, dort erhebt sich der Überwachungsturm. Licht und Luft gelangen durch ein System von Fenstern von außen in das Gebäude. Jalousien ermöglichen es aus dem Turm, jede einzelne Zelle zu sehen. Aber nicht umgekehrt, die Zellen können den Turm nicht sehen. Die Lichtgestaltung erleichtert auch den Gegenlichteffekt, bei dem die Figuren scharf herausragen und auf dem Hintergrund des Lichts deutlich sichtbar werden. Um das Gebäude herum gibt es ein grünes Gelände und dann eine ebenfalls kreisförmige Mauer, die die Einheit von der Außenwelt trennt. Der Hof ist nur von einem einzigen Punkt aus zugänglich.

Diese architektonische Gestaltung wurde nicht nur für Gefängnisse konzipiert; es war auch ein allgemeines Prinzip für Schulen, Asyle, Krankenhäuser und sogar Fabriken.

Die panoptische Konfiguration führt eine grundlegende Asymmetrie auf der Ebene von Sichtbarem/Unsichtbarem ein. Vom zentralen Punkt aus ist fast alles sichtbar, von den Punkten der Umkreisung aus ist sehr wenig sichtbar.

Es gibt weitere Vorteile: Die zentrale Überwachung bedeutet erhebliche Einsparungen beim Sicherheitspersonal und spart Kosten, was die Grundlage jeder liberalen Argumentation ist, auch heute noch. Das Thema "Ressourcenökonomie" ist ein großes Anliegen in Benthams Werk, daher inspiriert der Utilitarismus oft verschiedene neoliberale Strömungen.

Aber nochmals, die große Raffinesse des Panoptikums liegt darin, dass das Auge sieht, ohne selbst gesehen zu werden. Wenn ich den Blick, der mich ausspäht, sehen kann, kann ich ihn berechnen, beherrschen, erscheine genau dann, wenn er erscheint, kenne seine Unterbrechungen und Pausen und kann ihn so überlisten (wie im Film „Papillon“ gezeigt wird). Im Gegensatz dazu, wenn das Auge verborgen ist, beobachtet es mich sogar, wenn es mich nicht sieht, denn ich kann nicht wissen, wann es wirklich da ist, ich kann seinen Blick nicht berechnen!

So erreichen wir, dass für ein Maximum an Überwachten ein Minimum an Überwachungsbeamte ausreicht. Es entsteht eine allsehende, allgegenwärtige Instanz. (An dieser Stelle könnte sich die Frage öffnen, ob dies etwas mit der Omnivoyeur-Funktion zu tun hat, von der Lacan im Seminar XI spricht, was übrigens letztes Jahr in unserem Atelier mit Jérôme Lecaux intensiv bearbeitet haben). Bentham hat so eine Art künstlichen Gott geschaffen (heute würden wir es vielleicht als Big Brother bezeichnen, eine überwachte Gesellschaft im Sinne von George Orwells 1984).

DIE RESTE, ALLES IST WERT: (Im Panoptikum gibt es keine Überreste)

Im Panoptikum ist alles berechenbar, nichts geschieht zufällig, es gibt kein Unbewusstes. Es gibt keine Überreste, jede Ausgabe muss produktiv sein, rentabel. Die Überwachung beginnt bereits lange, bevor der Häftling seine Zelle erreicht. Sie beginnt mit dem Design des Gefängnisses (klar ist es hier ganz anders als mit dem Häftling der drei logischen Zeiten, der mit dem Augenblick des Blicks sogar zählt, um etwas verstehen zu können).

Gefangene, Arme, Verrückte, Kranke, Schüler, Arbeiter (ich füge hinzu, dass heutzutage die weniger erforschte Kategorie der Benutzer, bzw Kunden, hinzugefügt werden könnte) sind anfällig für die Lenkung durch das Panoptikum: Sie haben keine andere Wahl, sie stehen der Macht zur Verfügung. Sie sind dem Imperium des unsichtbaren Auges unterworfen.


Jetzt schauen wir uns an, was Michel Foucault über das Panoptikum sagt. Er war einer der wichtigsten französischen Denker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die goldene Zeit, zusammen mit Lacan, Roland Barthes und Claude Levi-Strauss, u.A., und gehörte dem Strukturalismus an.

In seinem Buch "Überwachen und Strafen" (3) ist Foucault der Erste, der die Überwachungssysteme studiert und homologisiert, deren Massenverbreitung vielleicht mit der Lepra im Mittelalter begann. Dann erweitert er es auf eine ganze Reihe von Institutionen: das Gefängnis, aber auch das Krankenhaus, die psychiatrische Anstalt, die Schule und die Fabrik.

Foucault erwähnt das Detail, dass das Panoptikum auch die seitliche Sichtbarkeit zu anderen Häftlingen verhindert. Es entsteht eine Sammlung getrennter Individualitäten. Er meint auch, dass die Macht ist doch irgendwie sichtbar, aber unüberprüfbar; das bedeutet, wir wissen, wo das Auge ist (der Kontrollturm), aber sein Blick entzieht sich uns, ähnlich wie bei jemandem, der eine Sonnenbrille trägt, was übrigens eine Taktik der Polizei ist.

Das unheimliche Gefühl, das diese Asymmetrie hervorruft, findet sich im Film "2001" von Stanley Kubrick. Entlang des gesamten Raumschiffs hat der Supercomputer HAL "Augen", das heißt Kameras, aber sowohl der Astronaut als auch die Zuschauer wissen nie, wann er sie benutzt, wann er zuschaut.

Das Interessante ist, dass der Gefängnisdirektor letztendlich Teil des Bildes wird, das er überwacht (wie Lacan es im Seminar XI beschreibt, ist das Subjekt der Fleck auf dem Gemälde "Die Botschafter"). Gleichzeitig können die Gebäudeinspektoren den Direktor beurteilen, indem sie einfach sehen, wie das Gefängnis aus der panoptischen Perspektive funktioniert. Und andererseits werden auch die Inspektoren beobachtet... usw.

Man könnte sagen, dass das Panoptikum die beste Metapher für die Kontrolltechnologie im Diensten der Politik und der Macht ist. Es eignet sich ideal, um die Körper der Massen zu kontrollieren. Lacan sagt im Seminar XI, dass das Objekt des Blicks am besten der Kastration entgeht. Wire können ergänzen:  gleichzeitig ist es vielleicht auch das effektivste und kostengünstigste.

Vielleicht rund um das Objekt „Blick“ passen die vier großen Konzepte des 20. Jahrhundert gut zusammen: das Freud'sche Unbewusste, den marxistischen Mehrwert, das Lacansche Objekt-a und die Technik nach Heidegger.

Für den reibungslosen Betrieb des Panoptikums ist keine Tyrannei erforderlich; im Gegenteil, es funktioniert besser in einer Demokratie, weil es dann noch transparenter ist. In einem Interview sagt Foucault, dass das Krankenhaus des 18. Jahrhunderts eine neue Architektur -aufgrund eines NEUEN medizinischen Blicks- eingeführt hat.


Der Blick ist ein kostengünstiges Objekt, wenn er in großem Maßstab angewendet wird. Er erfordert keine große Raffinesse, keine Wartungsstruktur, es werden keine Waffen benötigt. Durch den Blick internalisiert der Häftling ihn und wird sein eigener Wächter.

Aber gleichzeitig wird auch der Wächter überwacht, niemand entkommt der Macht des Blicks. Das Panoptikum ersetzt das Auge Gottes; jeder wird von den anderen überwacht.

Selbst wenn die Gefangenen eines Tages den Turm stürmen würden, um ihn zu übernehmen, würde er weiterhin auf ähnliche Weise funktionieren.

Bis hierhin könnten wir die folgenden Bedingungen entwickeln, um eine menschliche Institution als panoptisch zu definieren:

1) Das Auge muss in der Lage sein, jeden der Überwachten zu sehen.

2) Es muss sehen können, ohne selbst gesehen zu werden.

3) Die Überwachten dürfen nicht wissen, ob das Auge sie sieht.

4) Die Seitenansicht ist geschlossen, um die Kollektivierung zu verhindern. Es gibt keine Masse.

5) Auch der Wächter muss kontrollierbar sein.

6) All dies muss kostengünstig und mit minimalen unproduktiven Resten umsetzbar sein.


Fortsetzend auf etwas, das vor Kurzem hier von einer Kollegin erwähnt wurde: Der Panoptismus erreicht derzeit seine höchste Blüte im Neoliberalismus, denn wir zahlen dafür, dass man uns beobachtet. Es ist fast so, als würden die Insassen dem Wächter im Turm bezahlen, wobei selbst Bentham nicht so weit gegangen ist. Der Blick als Ware. Jeder Klick, jedes "Gefällt mir", jeder Kommentar wird von den sozialen Netzwerken beobachtet, bewertet, algorithmisiert, um uns maßgeschneiderte Werbung entsprechend unseren Vorlieben und sogar politische Nachrichten entsprechend unseren politischen Überzeugungen zu bieten.

Dieser Überblick hilft wahrscheinlich zu verstehen, was Daniel Roy in seinem einführenden Vortrag auf dem Kongress der NLS meint, wenn er sagt:

“Heute ist das Objekt Blick in unserer Tasche, in Form des Handys, …..Für die neuen Generationen ist es einfacher: Es ist in der Hand, untrennbar vom Körper, der mit Grund sagen könnte: Ich bin immer gesehen! “

Dies stimmt mit dem Ansatz des Philosophen Zygmunt Bauman überein, der der Meinung ist, dass wir in einer post-panoptischen Ära leben.

In Anlehnung an Foucault erinnert Zygmunt Bauman in seinem Werk „Flüchtige Moderne“ an das Panoptikum als ein Beispiel für moderne, territoriale Macht. 

Aber in der Postmodernität  „verflüchtigen Überwachten“ und die Macht  hätten sich sich unabhängig von Territorien, bzw physische Räume  gemacht. Mit Hilfe von elektronischen Signalen (Smartphones, Kreditkarten, GPS, soziale Netzwerke, Internet etc.),heutzutage du brauchst kein Turm mehr, sondern einfach ein Sender in der Tasche.

Im postmodernen Panoptikum sind überhaupt keine Wächter mehr notwendig. Darüber hinaus meint Bauman, dass sich diese Starrheit in der Fixierung von Körpern aufgelöst habe. Die neue, auf Informationsverarbeitung basierende Überwachung, impliziert eine ständige Kontrolle, die über geschlossene Überwachungsmodelle hinausgeht.

Und nicht nur der gesellschaftliche Bereich der Delinquenz oder Kriminalität, lasst sich als „post-panoptisch“ im Sinne von Bauman charakterisieren. Wie im Benthams Traum, auch der Alltag ist zunehmend durch elektronische Signale kontrolliert. Heute gibt es überall  Überwachungskameras und Signalen an öffentlichen Plätzen, Geschäften, Krankenhäuser, Schulen und sportliche / artistische Veranstaltungen. Auch die tägliche digitale Arbeit ist oftmals mehr oder weniger elektronisch kontrolliert, überwacht. (6)

Auf der anderen Seite ist das Subjekt nicht mehr schockiert, es ist nicht das Subjekt des Films "The Truman Show" oder der Black Mirror-Episode "Arkangel". Subjekte, die ihr ganzes Leben lang beobachtet und im Fernsehen gezeigt werden, ohne es zu wissen. Das heutige Subjekt ist darüber gewarnt und bewusst, und es scheint, dass es ihm egal ist, solange es das Gefühl hat, Verbraucherrechte zu haben, etwas überhaupt zu entscheiden, und dass der Andere nicht täuscht (glauben dass, das was man liest ,keine fake news sind)

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LITERATUR:


1) https://en.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Bentham

2) ORNICAR? BULLETIN PERIODIQUE DU CHAMP FREUDIEN - N°3 -SUR LE MAITRE - JACQUES-ALAIN MILLER :Le despotisme de l'Utile :la machine panoptique de Jeremy Bentham 

ORNICAR ?, 1975

Spanisch: Matemas I , Ed. Manantial Buenos Aires, 1999

3) M. Foucault Vigilar y Castigar -  s XXI editores – 1ra reimpresión - Buenos Aires 2003 (auf Deutsch: Überwachen und strafen – Sührkamp Verlag)


4) MICHEL FOUCAULT “La mirada del poder” Entrevista a MF por Jean-Pierre Barou  / The Eye of Power :A Conversation with Jean Pierre Barou and Michelle Perrot


5) J. Lacan – Seminar XI – Kap VI


6) Z. Bauman - Flüchtige Moderne. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003 


FILMOGRAFIE: 

-1984

-Papillon

-2001

- The Truman Show 

- BLACK MIrror . Season 4 






miércoles, 28 de febrero de 2024

E

 



Oda a la E:


Como decía Freud , se empieza por ceder en las palabras y se termina cediendo en las cosas




(En Argentina se prohibió ayer el uso del lenguaje inclusivo)



viernes, 12 de enero de 2024

Mein Beitrag zum Thema Jugend und Wahlergebnis in Argentinien 2023

 Berlin, January 2024, posted by Claudio Steinmeyer




„Reflexionen über die Jugend der gelben Fahnen(*)“


Bei den letzten Präsidentschaftswahlen in Argentinien fühlte es sich an, als hätten wir den Kulturkampf verloren, doppelt verloren: im endgültigen Ergebnis und vielleicht sogar, weil wir das Ausmaß der Tiefe, in der dieser Kampf stattfand, nicht einmal wahrgenommen hatten. Aber wir sehen auch, dass der Kulturkampf, der sich nach rechts von rechts neigt, ein Phänomen ist, das global reproduziert wird. Persönlich habe ich die ersten Anzeichen dafür um 2014 bemerkt, in den letzten Jahren von Obama, während der Amtszeit von Merkel (ich lebte bereits in Deutschland), und auf beiden Seiten des Nordatlantiks begann eine Welle der Kritik am Konzept der "politischen Korrektheit" aufzutauchen. Eine Welle, die sogar verstärkt wurde, weil viele Intellektuelle, Denker und Menschen aus unserem Bereich sich ihr anschlossen, manchmal durch ironische Kommentare, manchmal durch tiefere Texte über Phänomene wie Wokismus oder Safe-Spaces. Politische Unkorrektheit, die es jetzt in Argentinien ermöglicht, sogar die Zahl von 30.000 Verschwundenen während der letzte zivil-militärischen Diktatur  in Frage zu stellen.


Eine von Pablo Semán in seinem Buch "Está entre nosotros“ (Er ist zwischen uns) " gestellte Frage hallt wider: Wie konnte in einem Land, das "Nie wieder (nunca más)" sagte, die Ultrarechte gewinnen?


Wann begann dieser dunkle Trend? Welche sozialen/subjektiven Kräfte waren im Spiel?


Es erstaunt mich immer noch, und ich versuche zu verstehen, wie die Jugend sich der extremen Rechten zugewandt hat. In Argentinien schien dies sogar schon 2011 in vollem Gange zu sein, unsichtbar: Semán sagt, dass fünfmal mehr neue junge Anhänger zur PRO (konservative Partei) kamen als zur JP (Linksorientierte Partei): Ein Faktum, das im Nachhinein erschütternd erscheint. 

Diese antiperonistische, anti-Establishment, in gewisser Weise antisystemische junge Wähleridentifikation mit den Wahlkampfparolen von La-Libertad-Avanza (Partei von President Milei): "Wir kämpfen nicht gegen deine Rechte, sondern gegen ihre Privilegien." Dieser "rebellische" junge Wähler, aus bescheidenen Verhältnissen, manchmal Kinder von linken, progressiven, kirchneristischen Eltern, wird jedoch eine feinere und speziellere Analyse erfordern, um globale Phänomene zu verstehen. Zum Beispiel war das nicht der Fall bei der Wahl von Trump im Jahr 2016, im Gegenteil, die Jugend stimmte massiv für Hillary Clinton. Trump gewann mit den Stimmen der weißen, männlichen, älteren Wähler. Die Neuheit lag in der Unterstützung, die er von den Mittel- und Unterschichtsgruppen erhielt. Dies zeigte sich sogar bei den Menschen, die das Kapitol stürmten, im Allgemeinen waren es ziemlich erwachsene Menschen, keine Teenager.


In einer anderen Variable der argentinischen Wahl hat auch eine Aneignung bestimmter Autoren stattgefunden: Zum Beispiel Gramsci, mit dem Milei seinen großen Wahlkampfauftritt auf der Buchmesse (dem kulturellen Großereignis schlechthin!) begründet, indem er sagt, dass die "Kultur die Menschen durch die Presse, Kirchen oder andere Medien kontaminiert". Das Wesentliche - für das Team des Kandidaten Milei - war, dass der Kampf um Ideen sich nun in Stimmen umsetzt. Diese Anrufung von Gramsci durch die extreme Rechte und den Neoliberalismus ist besonders schockierend, wenn man bedenkt, dass Gramsci historisch gesehen von der Linken, dem Marxismus, dem Kommunismus in all seinen Ausprägungen, dem Sozialismus sehr intensiv studiert wurde. Man fühlt sich dort ein wenig entweiht, als ob die Psychologie des Selbst jetzt wieder auferstünde, indem sie sich auf Lacan beruft, um die Notwendigkeit eines stärkeren Ich zu begründen.


Mit diesem Artikel eröffne ich eine Serie von kurzen Artikeln, auf Spanisch und Deutsch (da hier in Berlin auch entscheidende Wahlen 2025 anstehen), um das Zurückweichen der Linken im Allgemeinen, aber besonders die Verschiebung der Jugend nach Rechts, zu verstehen. Eine Jugend, die auch ab 16 Jahren wählen kann, indem sie der Demokratie erstmals die Stimme gibt, die ihre Pubertät in der Pandemie begonnen hat.


(*) Die Farbe Gelb der Gadsden-Flagge, die eine aggressive Schlange zeigt, die sagt "Versuch nicht, auf mich zu treten".



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