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Mein Beitrag zum Thema Jugend und Wahlergebnis in Argentinien 2023

 Berlin, January 2024, posted by Claudio Steinmeyer




„Reflexionen über die Jugend der gelben Fahnen(*)“


Bei den letzten Präsidentschaftswahlen in Argentinien fühlte es sich an, als hätten wir den Kulturkampf verloren, doppelt verloren: im endgültigen Ergebnis und vielleicht sogar, weil wir das Ausmaß der Tiefe, in der dieser Kampf stattfand, nicht einmal wahrgenommen hatten. Aber wir sehen auch, dass der Kulturkampf, der sich nach rechts von rechts neigt, ein Phänomen ist, das global reproduziert wird. Persönlich habe ich die ersten Anzeichen dafür um 2014 bemerkt, in den letzten Jahren von Obama, während der Amtszeit von Merkel (ich lebte bereits in Deutschland), und auf beiden Seiten des Nordatlantiks begann eine Welle der Kritik am Konzept der "politischen Korrektheit" aufzutauchen. Eine Welle, die sogar verstärkt wurde, weil viele Intellektuelle, Denker und Menschen aus unserem Bereich sich ihr anschlossen, manchmal durch ironische Kommentare, manchmal durch tiefere Texte über Phänomene wie Wokismus oder Safe-Spaces. Politische Unkorrektheit, die es jetzt in Argentinien ermöglicht, sogar die Zahl von 30.000 Verschwundenen während der letzte zivil-militärischen Diktatur  in Frage zu stellen.


Eine von Pablo Semán in seinem Buch "Está entre nosotros“ (Er ist zwischen uns) " gestellte Frage hallt wider: Wie konnte in einem Land, das "Nie wieder (nunca más)" sagte, die Ultrarechte gewinnen?


Wann begann dieser dunkle Trend? Welche sozialen/subjektiven Kräfte waren im Spiel?


Es erstaunt mich immer noch, und ich versuche zu verstehen, wie die Jugend sich der extremen Rechten zugewandt hat. In Argentinien schien dies sogar schon 2011 in vollem Gange zu sein, unsichtbar: Semán sagt, dass fünfmal mehr neue junge Anhänger zur PRO (konservative Partei) kamen als zur JP (Linksorientierte Partei): Ein Faktum, das im Nachhinein erschütternd erscheint. 

Diese antiperonistische, anti-Establishment, in gewisser Weise antisystemische junge Wähleridentifikation mit den Wahlkampfparolen von La-Libertad-Avanza (Partei von President Milei): "Wir kämpfen nicht gegen deine Rechte, sondern gegen ihre Privilegien." Dieser "rebellische" junge Wähler, aus bescheidenen Verhältnissen, manchmal Kinder von linken, progressiven, kirchneristischen Eltern, wird jedoch eine feinere und speziellere Analyse erfordern, um globale Phänomene zu verstehen. Zum Beispiel war das nicht der Fall bei der Wahl von Trump im Jahr 2016, im Gegenteil, die Jugend stimmte massiv für Hillary Clinton. Trump gewann mit den Stimmen der weißen, männlichen, älteren Wähler. Die Neuheit lag in der Unterstützung, die er von den Mittel- und Unterschichtsgruppen erhielt. Dies zeigte sich sogar bei den Menschen, die das Kapitol stürmten, im Allgemeinen waren es ziemlich erwachsene Menschen, keine Teenager.


In einer anderen Variable der argentinischen Wahl hat auch eine Aneignung bestimmter Autoren stattgefunden: Zum Beispiel Gramsci, mit dem Milei seinen großen Wahlkampfauftritt auf der Buchmesse (dem kulturellen Großereignis schlechthin!) begründet, indem er sagt, dass die "Kultur die Menschen durch die Presse, Kirchen oder andere Medien kontaminiert". Das Wesentliche - für das Team des Kandidaten Milei - war, dass der Kampf um Ideen sich nun in Stimmen umsetzt. Diese Anrufung von Gramsci durch die extreme Rechte und den Neoliberalismus ist besonders schockierend, wenn man bedenkt, dass Gramsci historisch gesehen von der Linken, dem Marxismus, dem Kommunismus in all seinen Ausprägungen, dem Sozialismus sehr intensiv studiert wurde. Man fühlt sich dort ein wenig entweiht, als ob die Psychologie des Selbst jetzt wieder auferstünde, indem sie sich auf Lacan beruft, um die Notwendigkeit eines stärkeren Ich zu begründen.


Mit diesem Artikel eröffne ich eine Serie von kurzen Artikeln, auf Spanisch und Deutsch (da hier in Berlin auch entscheidende Wahlen 2025 anstehen), um das Zurückweichen der Linken im Allgemeinen, aber besonders die Verschiebung der Jugend nach Rechts, zu verstehen. Eine Jugend, die auch ab 16 Jahren wählen kann, indem sie der Demokratie erstmals die Stimme gibt, die ihre Pubertät in der Pandemie begonnen hat.


(*) Die Farbe Gelb der Gadsden-Flagge, die eine aggressive Schlange zeigt, die sagt "Versuch nicht, auf mich zu treten".



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