sábado, 12 de junio de 2021

Kongress PIPOL X „Ein Kind Wollen? Begehren der Familie und Klinik des Kindesverhältnisses“

 Berlin, June 2021, posted by Claudio Steinmeyer





Mein Beitrag zum Internen L.O.B. (Lacansche Orientierung Berlin) - Treffen / Vorbereitung zum X Pipol  Kongress "Ein Kind wollen?"


„Die Familie, kulturell“

 

Für die Psychoanalyse ist die Familie vor allem eine kulturelle Konstruktion, eher als eine Sammlung biologischer, natürlicher Daten.

Werfen wir einen kurzen Blick auf Freud: Er hat einen schönen Text von 1908 mit dem Titel: Der Familienroman der Neurotiker.

Man kann in dem Text spüren, wie es in der Familie um etwas fast Literarisches geht, sie ist so etwas wie ein Netzwerk von Fantasien, Halberinnerungen, Geheimnissen, Lücken, oder Lücken die mit falschen Erinnerungen gefüllt sind, usw. Mit anderen Worten, wir finden alles außer der bloßen objektiven Konstellation einer Familie aus biologischer oder genetischer Sicht.

Für Freud baut das Kind mit diesen Zutaten diesen Roman in verschiedenen gestaffelten Phasen während der Kindheit auf. Eine der Hauptzutaten wird die Tatsache sein dass, der Vater semper incertus  ist, während die Mutter certissima ist. Es heißt, die Mutter bleibt eine der wenigen festen, realen Referenzen. So wird langsam das Terrain der Entfaltung der väterlichen Funktion in Bezug auf die reale Figur des Vaters befruchtet, was Lacan später mit der Funktion des Namens-des-Vaters aufnehmen wird.

Der Familienroman könnte dann ein wenig als die Theorie des Kindes über das grundlegende Missverständnis zwischen Vater und Mutter,  über die Mangel vom sexuellen Verhältnis zwischen ihnen beschrieben werden.

Daher schätzen wir das Gewicht der Buchstabe in der psychoanalytischen Konzeption des Familienromans. Was Lacan dann erlaubt zu sagen, dass Geschichte nicht die Vergangenheit ist.

Lacan wird diese symbolische, kulturelle Konzeption der Familie fortsetzen.

Bereits in seinem frühen 1938 erschienenen Text „Familie“ (eine Zusammenarbeit für die Encyclopédie francaise unter der Regie von Henri Wallon - spanische Fassung: Axis Verlag, BsAs, 1975) definiert Lacan die Familie durch ihre kulturelle Struktur jenseits der Biologie.

Natürlich ist das Soziale in einigen Tierfamilien vorhanden, aber beim Menschen nimmt das Soziale eine herausragende Form der Kultur (JAM) an.

So definiert Lacan die Familie als Institution!

Zentral in dieser Institution ist die Funktion des „Komplexes“, d.h. die unbewusste Struktur, die die Funktionen, Rollen und Orte jedes Mitglieds bestimmt.

Dies ist die wahre Funktion der Freudschen Erfindung des Ödipuskomplexes. Es ist keine Frage einer populären Vorstellung, ein bisschen lustig, dass der Junge in die Mutter und die kleine Prinzessin in den Vater verliebt ist.

Im Ödipuskomplex geht es eher um ein doppeltes Verbot, das universell und transversal für alle Kulturen und Zeiten gültig ist:  für den Sohn: Du wirst nicht mit deiner Mutter schlafen. Und für die Mutter: Du wirst nicht dein Produkt zurückholen.

Die kulturelle Dimension definiert dann die menschliche Familie. In diesem Rahmen wir die Adoption gut zeigen, wie die kulturellen Instanzen für die Entstehung der Familie entscheiden sind.

Lacan hat bereits in diesem frühen Text die patriarchalischen und matriarchalischen Formen der Familien unterschieden. Es betont die patriarchalische Funktion in der westlichen Familie und insbesondere die eheliche Familie seit ihrer Verbindung mit dem Christentum.

Aber er erkannte bereits in diesen 30er Jahren den unaufhaltsamen Weg des Niedergangs der väterlichen Imago: Ein Vater, der immer irgendwie fehlt, abwesend, manchmal gedemütigt, gespalten oder sogar künstlich ist.

Etwa 40 Jahre später finden wir die ausgezeichnete sogenannte Notiz über das Kind.

Hier hinterfragt Lacan die Utopien der Gemeinschaften (damals Mode bei den Hippies) und bekräftigt irgendwie den Wert der ehelichen Familie in allen Gesellschaften.

Er sagt, dass es in der Familie nicht um die Befriedigung von Bedürfnissen geht, sondern um die Übertragung von etwas anderes, und zwar die Konstitution einer Subjektivität, die ein Begehren erfordert, der nicht anonym ist.

Er schätzt die Rolle des Vaters als Erleichterung der Vermittlung zwischen dem Begehren der Mutter und das Kind. Somit wird die subjektive Konstitution des Kindes bevorzugt und so kann es nicht als Objekt des Phantasmas der Mutter genommen werden.

In diesem Sinne ist der Vater der Vektor eine Verkörperung des Gesetzes in dem Begehren.

Nachdem dies gesagt wurde, gehen wir mit Miller zu seiner Präsentation im französischen Senat (Januar 2013):

„Selbst mit einem eigenen Kind muss der Elternteil noch ihm auswählen. In diesem Sinne sagte Lacan, dass wir alle adoptierten Kinder sind. Es sind zutiefst christliche Worte. Alle Filiationen sind geistlich. Jede Filiation, die gesetzlich anerkannt wird, basiert sich auf dem Wort.“

Zu beenden:

Zu dieser Entwicklung der Adoption könnten wir noch eine Idee hinzufügen, nämlich uns zu fragen, ob es so etwas wie ein unerwünschtes Kind gibt, meine ich aus psychoanalytischer Sicht.

Ist es möglich, ein Leben zu schaffen, ohne dass irgendwann, wenn auch nur minimal, sogar verdreht, an einem Begehren teilgenommen wird?

 

 



"Vivarium" (Film 2019)

 

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